Berlinale 2019 – Nehmt Abschied, Brüder
Ein chinesisches Drei–Stunden–Epos von Wang Xiaoshuai über 30 Jahre Familiengeschichte beschließt den internationalen Wettbewerb der Berlinale 2019, was jetzt noch kommt läuft außer Konkurrenz.
Der Mensch macht Pläne und Gott lacht sie aus
Yaojun und seine Liyun sind, trotz einiger persönlicher Rückschläge, eine glückliche Familie, bis ihr kleiner Sohn beim Spielen in einem Stausee ertrinkt. Der Adoptivsohn des Paares entzieht sich der Fürsorge der Pflegeeltern und verschwindet irgendwann ganz. Er kann nicht das schmerzlich vermisste tote Kind ersetzen. Wang Xiaoshuai erzählt im Wettbewerbsbeitrag „Di jiu tian chang“ (So Long, My Son) eine Geschichte voller Abschiede und zaghafter Neuanfänge.
Yaojun und seine Liyun warten auf das Alter und den Tod. Doch beides lässt auf sich warten. Jeder leidet hier für sich allein, und dennoch kann und will der eine ohne den anderen nicht sein. Das Leben geht weiter – die Geschichte Chinas schreitet voran. In einem großen Bogen werden 30 Jahre chinesische Kulturgeschichte abgehandelt. Das Politische greift tief ins Private. Im ruhigen Erzählfluß der Ereignisse verpasst Wang Xiaoshuai in seinem Drei–Stunden–Epos mehrfach das Ende seines eigenen Films. Angesichts des blassen Wettbewerbs ist “So Long, My Son” aber sicher einer der aussichtsreicheren Bärenkandidaten.
“Di jiu tian chang” bleibt der einzige Film aus der Volksrepublik China im Internationalen Wettbewerb der Berlinale 2019. „Yi miao zhong“ (One Second) von Zhang Yimou kann wegen angeblicher Probleme in der Post–Produktion nicht wie geplant am Freitag gezeigt werden. Der Beitrag wurde ersatzlos gestrichen. Das Rennen um die Bären ist damit komplett, die letzten beiden Filme im Wettbewerb laufen außer Konkurrenz. Auf die Entscheidung der Internationalen Jury um Juliette Binoche darf man gespannt sein.
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