Kunst am Bau oder: Wer schön sein will …

Schönheit soll im Auge des Betrachters liegen. Nicht unwichtig ist dabei das Alter des Betrachters. Insbesondere wenn es dabei um die farbliche Optimierung von Augenlidern und angrenzenden Bereiche geht. Sprechen wir über’s Schminken … das Schminken von Teenagern und solchen, die es in ca. 15 Monaten werden wollen.

Nachdem Kind I und Kind II einige Jahre „ich, ich, ich“ riefen um auf sich aufmerksam zu machen, befinden wir uns nunmehr in einer Zeit des schubweisen Übergangs von Präpubertär zu Vollpubertär und zurück in frühkindliche Entwicklungsstadien. Der Individualisierungsprozess ist in diesem fortgeschrittenen Alter (knapp 12 und 13 +) häufig durch eine aggressive Kriegsbemalung gekennzeichnet. Unterstützt durch Hormonschübe unterschiedlichen Schweregrades sitzen Kajal und Wimperntusche, je nach dem ob wir uns in einer manischen oder einer depressiven Phase befinden, erstaunlich locker. Gut gemeint ist dabei nicht immer gut gemacht, und viel hilft nicht immer viel.

Die elterliche Fürsorge will an dieser Stelle wahrgenommen werden, schon alleine um seelischen Schaden in dieser ohnehin sensiblen Phase vom Kinde fernzuhalten. Könnten doch Hohn und Spott von Altersgenossen die unmittelbare Folge missglückter Kunst-am-Bau-Aktionen sein. Die Farben des Regenbogens sind am Himmel und im Farbmalkasten sehr schön. Und auch gegen Papageien ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber die Natur hat den Menschen nicht grundlos ohne farbiges Federkleid ausgestattet.

Der Mitbewohner würde, ließe man ihn denn, eine Nulltolleranzstrategie fahren. Sein Verständnis für stundenlange Nagelpflege und –lackier Sitzungen bewegen sich auf einer nach unten offenen Skala im mehrstelligen Minusbereich. Würden Kind I und Kind II auf diesem Wege in die Illegalität getrieben, heimliches Schminken in der schlecht ausgeleuchteten Schultoilette könnte eine der Folgen sein. Das muss nicht sein.

Diplomatie, das Gespür für den richtigen Zeitpunkt und eine teiloffene Gesprächsführung zeigen an dieser Stelle gewisse Erfolge.

Wimperntusche mit Katzenaugeneffekt kann nur dann gestattet werden, wenn die Augen nach mehrmaligem Auftragen tatsächlich auch noch geöffnet werden können bzw. nicht an der Brille festkleben. Lipgloss ist nicht fingerdick aufzutragen und die Farbe muss dem Anlass und der Tageszeit entsprechend ausgewählt werden. Farbiger Lidschatten kommt nur an hohen Feiertagen oder nach Einbruch der Dunkelheit in den heimischen vier Wänden zum Einsatz. Ausnahmen von den Regeln sind möglich und verhandelbar.

Hinsichtlich der Qualität der eingesetzten Kosmetika konnten sich alle weiblichen Familienmitglieder auf eine radikale Qualitätsoffensive einigen. D.h. schrottige Gimmicks als Dreingabe zu Mädchenzeitschriften haben nichts auf zarter Kinderhaut zu suchen. Insbesondere Kind I, oft und gerne Opfer schmerzhafter und optisch durchaus nicht vorteilhafter Augenentzündungen, war unmittelbar zur Abgabe aller Billigprodukte bereit, nachdem gemeinsam einige wenige hochwertige Malutensilien erworben werden konnten.  Kind II muss aus Gründen nicht davon überzeugt werden, dass juckende Ausschläge im Gesicht (oder an anderen Körperstellen) lästig sind.

Ein gemeinsames Maltraining wurde erfolgreich absolviert, an der Technik darf zukünftig weiter gefeilt werden.  Und ganz bald lösen wir dann auch noch das Problem, wie man wieder los wird, was man sich da alles ins Gesicht geschmiert hat. Schalten Sie also wieder ein …