DOK Leipzig 2012 – Und er stieg auf einen hohen Berg und schaute den Kreislauf der Wiederkehr

Das 55. DOK Leipzig zeigt noch bis zum 4. November das internationale Filmschaffen aus den Bereichen Dokumentar- und Animationsfilm. Ich habe den Anfang und das Ende, noch mehr Liebe, Männer, die schweigen, Männer, die singen, einen Prozess und das Zentrum der Welt gesehen.

Was wissen wir eigentlich über unsere Eltern? Haben sie das Leben geführt, das sie sich gewünscht haben? Haben sich ihre Träume erfüllt? Und geben wir den Menschen, die uns nahe steh’n, die Liebe, die sie verdienen? David Sieveking begibt sich als Sohn, Pfleger und Filmemacher in „Vergiss mein nicht“ an der Seite seiner an Alzheimer erkrankten Mutter auf eine Reise in das Vergessen. In Zeiten dysfunktionaler Familien und sich auflösender Sozialstrukturen dürfen wir als Beobachter Anteil nehmen an der Begleitung und Verabschiedung eines Menschen, der sich immer mehr aus unserer Welt entfernt. Wer war die Frau, die ihn großgezogen hat? Welche Rolle spielt sein Vater in diesem Zusammenhang? David Sieveking entdeckt neue Seiten an den Menschen, die ihn sein Leben lang begleitet haben.

Eine große Liebeserklärung an seine Mutter und seine Familie. Ein Film, der aufwühlt, berührt und Fragen unserer eigenen Verortung in der Welt und unseren Fokus im Leben aufwirft. Ansehen!

„Vergiss mein nicht“ von David Sieveking läuft noch einmal am Freitag, 02.11.2012, um 19.30 Uhr im CineStar. Außerdem am Samstag, 03.11.2012, um 16.30 Uhr ebenfalls im CineStar. Diese Vorstellung ist eine Inklusionsvorführung. Zur Verfügung stehen Audiodeskriptionen, Induktionsschleifen für Nutzer von Hörgeräten,  gebärdensprachliche Dolmetscher und Schriftdolmetscher. Damit können Hörbehinderte auch den  Filmgesprächen folgen, die im Anschluss an die Festivalfilme geführt werden. Eine dritte Vorstellung findet am Sonntag, 04.11.2012, um 20 Uhr in der Schaubühne Lindenfels statt.

Der Berg und die Männer schweigen

„Mein erster Berg – Ein Rigi Film“ von Dokumentarfilmaltmeister Erich Langjahr http://www.langjahr-film.ch/ ist eine bildgewaltige Berg-, Heimwerker- und Alphornklangmeditation über das Zentrum der Welt: die Rigi, ein Bergmassiv in der Zentralschweiz. Die Handlung in Kürze:

Ein Mann rammt Zaunpfähle in den Boden und schweigt.

Der Mann steht und schweigt. Die Kälber haben Durst.

Der Mann isst.

Viele Männer stehen da und schweigen. Keine Kälber

Der Mann fährt mit einem Bagger zu einem Kieshaufen und baggert. Der Bagger spricht auch nicht.

Zaunpfahlrammmaschine. Der Enzian blüht blau.

„Mein erster Berg – Ein Rigi Film“ von Erich Langjahr läuft noch einmal am Samstag, 03.11.2012, um 20 Uhr in der Schaubühne Lindenfels.

Wie aus Tierschützern Staatsfeinde werden

Gerald Igor Hauzenberger dokumentiert in „Der Prozess“ den größten Strafprozess in der Geschichte Österreichs. In dem von März 2010 bis Mai 2011 andauernden Verfahren wurde Tierschutzaktivisten vorgeworfen, mehr als 200 Straftaten über einen Zeitraum von zwölf Jahren begangen zu haben. Grundlage der Anklage war der sogenannte „Mafia-Paragraf“ §278a des Österreichischen Strafgesetzbuchs wegen Bildung bzw. Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Eine Chronologie der Ereignisse ist u.a. bei den Kollegen von derStandard.at zu finden. Unter „Wiener Neustädter Tierschützerprozess“ hat es die jahrelange Auseinandersetzung auch zu einem Eintrag auf Wikipedia geschafft.

Nach 14 Monaten endet der Irrsinn des Prozesses mit einem Freispruch aller Angeklagten in erster Instanz. Das letzte Urteil ist in diesem Fall aber noch lange nicht gesprochen.

„Der Prozess“ von Gerald Igor Hauzenberger läuft noch einmal am Freitag, 02.11.2012, um 14 Uhr in der Cinémathèque Leipzig (naTo) und am Sonntag, 04.11.2012, um 17 Uhr in der Schaubühne Lindenfels.

Können Engel jodeln?

Würden Engel jodeln, sie klängen wohl wie „Die Wiesenberger“ im gleichnamigen Film von Martin Schilt und Bernard Weber. Wir sehen 20 jodelnde Bergbauern aus der Schweiz zwischen Kuhstall, Feldarbeit und der großen Showbühne. 2009 gewinnt der stimmgewaltige Männergesangverein die Talentshow „Die größten Schweizer Hits“. Es folgt Auftritt auf Auftritt, und der Erfolg wird vom Segen zum Fluch, das Hobby wird zum Full-Time-Job. Das Angebot, die Schweiz bei der Expo in Shanghai zu vertreten, stellt die Gruppe vor eine Zerreißprobe, und nicht alle Mitglieder werden die weite Reise antreten. Vergesst Musikantenstadl und Jahreszeitenfeste der Volksmusik, und schenkt den Wiesenbergern 85 Minuten eurer Lebenszeit.

„Die Wiesenberger“ von Martin Schilt und Bernard Weber läuft noch einmal am Sonntag, 04.11.2012, um 14 Uhr in der Schaubühne Lindenfels.

Alle Informationen zum Programm, den beteiligten Kinos, Tickets, Highlights und Empfehlungen und noch sehr viel mehr gibt’s unter dok-leipzig.de.