Berlinale 2019 – Wenn Esel und Hund sich Gute Nacht sagen
Hase und Hund sind zusammen in einem Haus – einer ist tot. Der kleine Pate mit dem Puppengesicht und was die Großmutter noch wusste. Tag sechs im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele Berlin.
Ein Hase, ein Hund und ein Esel in einem verfallenen Haus. Der Hase ist tot. Das Mädchen mit der roter Jacke sitzt auf einer Mauer. Ein Junge lehnt an der Wand. Seine gelbe Daunenjacke ist schmutzig. Die Turnhalle wird aufgeschlossen. Herzlich willkommen an Tag sechs im internationalen Wettbewerb der 69. Berlinale
Der Junge war verschwunden und ist jetzt wieder da. Die Mutter kommt. Eine Schulklasse probt “Hamlet”. Es ist ein schweigen, schauen und schnaufen in Angela Schanelecs „Ich war zuhause, aber“ (I Was at Home, But). Gramgebeugt werden Sätze aufgesagt. Die Mutter testet ein Fahrrad. Und kauft es. Das Rad ist kaputt. Die Mutter verlässt es. Lars telefoniert. Im Lehrerzimmer wird mit Linealen gekämpft. “Hamlet”–Monolog im Wald. Ein Tennisspieler verliert ein Match. Er will schlafen. Die Mutter legt sich auf ein Grab.
Franz Rogowski geht ins Museum. Vier Frauen schauen auf ein Bild. Eine Tür wird zugeschlagen. Die Turnschuhe haben Klettverschlüsse. Der Bettelkönig geht an Schaufenstern vorbei. Franz Rogowski wartet auf eine Zeitungszustellerin. Ein Hase, ein Hund und ein Esel in einem verfallenen Haus. Der Hase ist tot.
Bang bang, I shot you down
Der schöne 15-jährige Nicola und seine Freunde sind auf den Straßen Neapels zuhause. Auf der Oberlippe sprießt der erste Flaum, die Macho–Posen der großen Mafia–Jungs wirken noch etwas ungelenk. Um Eindruck bei den Mädchen machen zu können, wollen die Kleinen ans große Geld. Nicola nimmt Kontakt zu den bösen Buben auf und ist mit seiner Nachwuchsgang direkt im Schutzgeld– und Drogengeschäft. Den Umgang mit Schnellfeuerwaffen bringen sich die pubertierenden Knaben mit YouTube–Videos selbst bei. Vollmunitioniert ziehen die Kindersoldaten in den Krieg.
Der italienische Schriftsteller und Journalist Roberto Saviano lebt seit dem Erscheinen seines Mafia–Tatsachenromans “Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra” an geheimem Ort unter Polizeischutz. Die Verfilmung seines gleichnamigen Romans “La paranza dei bambini” über die neapolitanischen Kindermafiosi (Regie: Claudio Giovannesis) hat der brutalen Geschichte über die verheerenden Auswirkungen der organisierten Wirtschaftskriminalität Italiens nichts Neues hinzuzufügen. Wer Verfilmungen von Savianos Arbeiten nicht kennt, ist beim Original von „Gomorrha“ – Film und Serie – besser aufgehoben.
Oma hat dich lieb
Im Wettbewerb der Berlinale darf die Grande Dame des französischen Kinos, Cathérine Deneuve, nicht fehlen. Ihr zur Seite steht der Jungsstar des frankophonen Kinos, Kacey Mottet Klein. Großmutter und Enkel haben sich in „L’adieu à la nuit“ (Farewell to the Night – Abschied von der Nacht) von André Téchiné schon lange nicht mehr gesehen. Alex ist nach dem Tod der Mutter auf dem Gestüt der resoluten Muriel aufgewachsen. Der Besuch ist ein Abschied – Alex will nach Kanada.
Aber will der zum Islam konvertierte Knabe wirklich nach Nordamerika oder führt er etwas ganz anderes im Schilde? Und was hat es mit seiner listigen Jugendliebe mit dem Engelsgesicht auf sich? Kleine Familie, große Probleme – Muriel trinkt und feiert, Alex will in den Dschihad. Motivation unklar, nach einer mißlungenen Aufnahmeprüfung an einer medizinischen Hochsschule ging es ihm nicht gut. Oma kümmert sich. Ein kleiner Film für einen Themenabend im TV, die Berlinale–Leinwand ist dafür eine Nummer zu groß.
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