Berlinale 2012 – Bange machen gilt nicht
Der letzte Film des Wettbewerbs der 62. Internationalen Filmfestspiele Berlin steht fest. Alles Hoffen und Beten auf einen Film aus Skandinavien blieb unerhört. Als 18. und letzten Film für das Rennen um den Goldenen Bären gab das Festival das chinesische Drama „Bai lu yuan“ (Land des weißen Hirsches) von Wang Quan’an bekannt, Laufzeit rund 3,5 Stunden. Der Regisseur hatte vor zwei Jahren mit seiner Tragikomödie „Tuan Yuan“ („Apart Together“) die Berlinale eröffnet und wurde dafür mit einem Silbernen Bären für das Drehbuch ausgezeichnet. Die Entscheidungen einer Festival-Jury sind (immer wieder) unergründlich.
Die kultivierte Langeweile von „Tuan Yuan“ („Apart Together“), das Desinteresse des Filmemachers eine Geschichte zu erzählen und einschläfernde Bilder dehnen den Film in der Erinnerung auf eine gefühlte Länge von 3-5 Stunden. Da wird viel geseufzt im versmogten Dunkel anonymer Hochhausrohbauten und mit dem Fortschreiten des Films im Kinosaal. Dazwischen ausgedehnte Mahlzeiten und Gesang. Umso überraschender die Erkenntnis einer tatsächliche Laufzeit von 97 Minuten. Die Ankündigung, Wang Quan’ans neuen dreieinhalb stündigen Film „Bai lu yuan“ sehen zu sollen, macht da ein wenig bange. Dass „Land des weißen Hirsches“ nach dem gleichnamigen Historien-Epos des Schriftstellers Chen Zhonghsi entstand – einem der umstrittensten Romane der zeitgenössischen chinesischen Literatur – trägt wenig zur Ermutigung bei.
Freud und Leid liegen, wie im Leben so auch hier, nahe beieinander. Nicht jeder kann sich gleichermaßen für das Auskeimen von Kartoffeln in Körperöffnungen begeistern. Die reine Freude ist dagegen der Berlinale-Programmplaner. Ab sofort darf gebastelt werden.
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