Sauge still, stirb, erwache

Ich pflege ein sehr inniges Verhältnis zu technischen Geräten, und diese Liebe geben sie mir tausendfach durch ein langes, glückliches gemeinsames Leben zurück. Aber man kann nicht immer nur die Goldmarie sein, und so hat mich mein Staubsauger, nach einer kurzen, aber nicht minder schwierigen Zeit, verlassen.

Der Staubsauger, der spanische Stiefel unter den Reinigungsgeräten. Fluch und Segen eines jeglichen der wohnt. Tatsächlich spricht sein toter, schwarz glänzender Körper Abend für Abend zu mir und seinem Freund dem Kühlschrank: „Ich sauge … ich sauge deinen Dreck weg … lalala … und dafür bin ich ein Klotz an deinem Bein und ecke überall an, und wenn du nicht nett zu mir bist, dann ziehe ich einfach so, schwuppdiwupp mein Kabel ein und Mäuschen, schau genau hin … da springt auch schon der Stecker freiwillig aus der Steckdose. Und weil du mich so liebst, kaufst du mir neue Beutel und Filter … und wenn es mir gefällt, dann verrecke ich einfach … und zwar jetzt.“ In solchen Momenten werden auch die Gottlosen gläubig und hoffen auf Auferstehung, Wiedergeburt oder wenigstens ein Wunder.

Hätte ich ihn nur jedes einzelne Mal quer durch die ganze Wohnung getreten und all die Bürsten und Aufsätze vor seinen Augen verbrannt oder aus dem Fenster zum Hof geworfen. Aber hätte, hätte, Fahrradkette liebe Haushaltswissenschaftler und Facility Manager aus Leidenschaft, jetzt ist es zu spät. Hin und wieder verschafft es mir etwas Erleichterung, seine kalten Kabel ein klein wenig anzuritzen.

Die Alternative ist Handarbeit. Besen, Handfeger und Kehrschaufel waren gestern. Heute wird der Dreck mit elektrostatischen Feudelsystemen gleichmäßig in der Wohnung verteilt. Ist der leicht montierbare Bodenwischer zusammengebaut, nimmt das eingeklemmte Tuch zweimal mehr Staub auf als herkömmliche Socken. So demonstriert der Mensch seine natürliche Überlegenheit gegenüber Dreck – Vernichtung durch flauschige flexible Mikrofasern.

Glück im Unglück ist der jahreszeitlich bedingte Mangel an Tageslicht. Nie ist Staub schöner, als in sonnendurchfluteten Stuben.

Aber auf Dauer ist der Mensch schwach und abhängig, und wer kann schon von sich behaupten: Hier fegt der Chef noch selbst? So lässt er sich von aggressiv anspringenden Kühlschränken terrorisieren, toleriert eine Badezimmerlüftung, die ihm den Staub untergegangener Zivilisationen ins Gesicht bläst und hört der Heizung nachts beim Klopfen zu. Nur das Bügeleisen hat er dank knitterfreier Oberbekleidung in seine Schranken verwiesen. Er wird also die tote Maschine mit seinen kleinen Händen zurück zum Händler schleppen und auf Knien um Ersatz bitten. Und wenn sich der Herzschlag, morgens gegen  4.37 Uhr an den Rhythmus der Heizung angepasst hat, hört die einfach auf …