Von weit her ist er gekommen

Du kennst wohl ein Waschbrett auf dem früher Kleidungsstücke von Hand gewaschen wurden. Ein solches Waschbrett kam uns nun wenige Tage vor Weihnachten ins Haus. Wann genau? Ich erinnere mich nicht mehr. Aber es muss noch vor dem Winter gewesen sein, als mein Bruder, der Knallkopf, sich nach der Christmette hinaus in den Schnee gelegt hat und erst im kommenden Frühjahr wieder aufgetaut ist. Das war lange vor Deiner Zeit. Aber Du weißt wohl, dass er so drei seiner Finger, den großen Zeh und die Nase verloren hat. Seit jenem Winter isst er auch keine Kartoffelpuffer mehr.

Du denkst jetzt wohl, dass kein Mensch einen ganzen Winter unter Schnee begraben liegen kann wie ein Bär in seiner Höhle und im kommenden Frühjahr einfach wieder aufsteht und sagt: „Hier bin ich! Der Winter war lang, ich habe Hunger und nehmt mir bitte die Nase ab.“ Aber genau so ist es gewesen, und da kannst Du fragen, wen Du willst.

Das Waschbrett kam also ins Haus, und von dem Tag an wurden keine Weihnachtslieder mehr gesungen. Und da muss man sich doch wundern. All die Jahre war das Haus vom ersten Advent bis zum Dreikönigstag von frommen Liedern erfüllt, und plötzlich blieben alle stumm. Und das wegen eines Bretts, dessen Herkunft sich keiner so genau erklären konnte. Es fehlte allen an der richtigen Koordination, dem Brett auch nur einen Ton zu entlocken, der nicht klang wie Nägel, die langsam über eine Schiefertafel gezogen werden. Wir blieben stumm, und manchmal vergaßen wir am Heiligen Abend die Lichter am Baum zu entzünden.

Dann kam, Du warst damals vielleicht zehn oder zwölf Jahre alt, der seltsame Mann, Du lagst damals mit Fieber und einer eitrigen Mandelentzündung im Bett. Er nahm das Brett gegen eine kleine Spende an sich. Ob er uns viel Geld dafür gab, fragst Du? Geld war es nicht, was er uns brachte. Er erzählte uns die Geschichte einer 80 Lichtjahre langen Staubwolke in Form einer Doppelhelix in der Nähe des Zentrums der Milchstraße. Von dort wäre er zu uns gereist, um uns von einem Gegenstand zu befreien. Du hast ihm, in Schlafanzug und mit bloßen Füßen, das Brett gebracht. Grußlos verließ er uns, aber Dein Onkel ohne Nase sang in seiner Kammer „O du fröhliche“.

Koordination, Doppelhelix, Knallkopf, Kartoffelpuffer und Waschbrett für vivi

Und so geht’s: Alle Jahre wieder werden wir am Ende eines Jahres von Weihnachten überrascht. Um die Vorfreude auf Kind, Krippe und Geschenke ins schier Unermessliche zu steigern, werden hier Träume wahr. Ihr spendiert fünf Begriffe in den Kommentaren unterhalb dieses Beitrags, daraus entsteht vielleicht ein rauschgoldengelhafter Blog-Text inkl. Widmung zur Vorweihnachtszeit. Die Auswahl der jeweiligen Begriffs-Serie erfolgt streng subjektiv. Der Rechtsweg ist absolut ausgeschlossen.