Das Fest

Ostern, liebe Eierfreunde! Es hat ja nicht nur Vorteile Menschen zu kennen, die einen bereits durch die Pubertät und andere Schreiphasen begleitet haben. Für die Meisten von uns gibt es keine Möglichkeit, regelmäßigen Zusammenkünften der befreundeten Verwandtschaft zu entkommen. Gottlose sollen vor solchen Ereignissen Licht gesehen und zum Herrn gefunden zu haben, in der Hoffnung, dass man in den weinseligen Erinnerungen der Altvorderen der Sippe in diesem Jahr keine Hauptrolle spielen möge. Wenn doch: demütig sein und nicht Widersprechen, Verlierer ist man sowieso.

Auch wenn wir alle im Verhältnis zu dem, was sonst noch anreist, insbesondere oberhalb des Halses, noch relativ schwammlos und wenig teigig wirken, werden alle mit einem herzlichen: „Du hast aber auch ein wenig zugelegt, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben … steht dir“ begrüßt. Nassforschere kneifen dem Gegenüber dann schon einmal freundlich ins Doppelkinn oder bringen den schlaffen Oberarm der Erbtante zum Schaukeln.

In den 1,5 Stunden zwischen Osterkaffee und erstem Abendessen werden Erinnerungen aufgefrischt. Wer hat wann welches Geschwisterkind bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt? Hast du nicht seinerzeit die Nachbarskatze in die Luft gejagt? Wieso hast du M. an ihrem fünften Geburtstag eine Mensch-Ärgere-Dich-Figur ins Auge gerammt? Erinnert ihr euch, als sie immer schrie bis sie Nasenbluten hatte, wenn sie nicht bekam, was sie wollte? Kaum saßen wir im Auto, mussten wir die Kotztüten auspacken, hast du das heute eigentlich immer noch? Damals, als sie dich im Sandkasten eingegraben und erst am nächsten Morgen wieder ausgebuddelt haben. Mann, hattest du da schlechte Laune …

Sollten neue Lebensabschnittsbegleiter erstmals anwesend sein, mag bei diesen das Bild einer gestörten, extrem gewaltbereiten (zu parasitärem Befall neigenden, aber das wäre eine andere Geschichte) Familie entstehen. Der eine oder die Andere soll aus Sorge um die eigene körperliche Unversehrtheit nur noch in einem 20 km entfernten Hotel übernachtet oder die Beziehung direkt beendet haben. Derart unbeteiligte Dritte sind in dem Moment vergessen, wenn sie das Haus verlassen: unbeweint und unbesungen.

Apropos übernachten: Wer kein Schloss sein eigen nennt, wird die Zeit der Feierlichkeiten mit vielen Menschen gemeinsam in einem Raum oder auch einem Bett verbringen. Tatsächlich ist man, außer auf der Toilette, vor der aber immer schon einer wartet der dringend muss, nie allein. Der zunehmende Schlafentzug und die Permanenz der Kommunikation und Ansprache ab den frühen Morgenstunden, verlangen insbesondere  Menschen, die vor 14 Uhr eigentlich nicht sprechen können, das äußerste ab.  Labile Zeitgenossen verbringen Stunden im Keller mit dem Abstauben von Briketts und Eierkohlen.

Alles in allem kann man sagen: die Vorfreude könnte nicht größer sein.